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Mit weit über 40 Personen, darunter auch junge Leute, war die Veranstaltung aus aktuellem Anlaß gut besucht. O-Töne aus Interviews mit zahlreichen Deserteuren aus der Türkei, der Ukraine, Russland, USA und Eritrea wurden zu Szenen collagiert, die unter die Haut gingen. Die künstlerische Aufbereitung, untermalt mit Musik, machte die Auseinandersetzung mit dem Grauen überhaupt erst möglich.
Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass sich bereits über 150000 Russen, 150000 Ukraine und und etwa 10000 Belarussen dem Krieg entzogen haben. Eine große Zahl dieser jungen Männer sind sogenannte „Militärdienst-Entzieher“. Sie entziehen sich dem Militär noch bevor sie einberufen werden, während Deserteure erst nach Ihrer Einberufung den Befehl verweigern, in vielen Fällen direkt an der Front unter lebensgefährlichen Bedingungen.
Während die Militärs weltweit das Narrativ verbreiten, dass Desertion mit Feigheit, mangeldem Pflichtbewußtsein oder Egoismus verbunden sei, machen die konkreten Schicksale deutlich, dass die Desertion in jedem Fall Akt der Emanzipation darstellt. Das Übernehmen von Verantwortung beginnt damit, diese zuerst einmal für sich selbst zu übernehmen. Daher ist Desertion grundsätzlich positiv zu bewerten, auch wenn sie in vielen Kriegen leider oft nur wenig zu dessen Beendigung beitragen konnte.
Der Spruch „Stell Dir vor es ist Krieg und keiner geht hin“ gehört zur Friedensbewegung wie die weiße Taube auf blauem Grund - bleibt aber leider oftmals Wunschgedanke. Im Yugoslawien-Krieg leisteten die mehr als 200000 serbischen Deserteure allerdings durchaus einen nennenswerten Beitrag zum Sturz des Regimes und wer weiss welche Wirkung die Desertion im Ukraine-Krieg noch entfalten wird.
Wer desertiert wird zum Flüchtling und Desertion ist noch nicht einmal ein Asylgrund. Daher engagieren sich die Protagonisten des Abends Rudi Friedrich und Talib Richard Vogel bei Connection e.V. Der Verein bietet Beratung für Deserteure an, hilft bei der Beschaffung von Arbeits- oder Studierenden-Visa oder in den Fällen, in denen eine individuelle Verfolgung nachweisbar ist, bei der Beantragung von Asyl. Um die Situation von russischen, bellarussischen und ukrainischen Deserteuren grundsätzlich zu verbessern wurde eine Unterschriftensammlung für eine Petition an Ursula von der Leyen gestartet, an der Sie sich gerne beteiligen können.