Mit der Gründung der UNO war nach dem zweiten Weltkrieg vor allem die Hoffnung auf eine friedlichere Entwicklung verbunden. In Syrien wie in etlichen anderen bewaffneten Konflikten wurde diese Erwartung enttäuscht und die Wirksamkeit der Weltorganisation überhaupt in Frage gestellt. In seinem aktuellen Buch "Globales Chaos - machtlose UNO" geht der Journalist und UNO-Experte Andreas Zumach der Frage nach, ob die UNO überflüssig geworden ist.
Der Vortrag am 20. Juni in der Stadtbibliothek war als Update gedacht, entsprechend der aktuellen Entwicklungen. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie UN-Resolutionen durchgesetzt werden können, und wie die Bundesregierung und die Zivilgesellschaft Projekte wie das Atomwaffenverbot oder die UN-Agenda 2030 unterstützen können.
Eine zentrale Rolle in seinem Vortrag spielte die Haltung der Bundesregierung zu der aktuellen Verhandlungen der UN-Generalversammlung zum vollständigen Verbot der Atomwaffen. Für Zumach reiht sie sich ein in eine Politik, die im Hinblick auf Atomwaffen immer höchst ambivalent war. Die Zustimmung unter den "Atomwaffensperrvertrag" sei seinerzeit nur gegen das Versprechen der "nuklearen Teilhabe" im Rahmen der Nato gegeben worden - und unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass sie sich nicht auf die atomare Bewaffnung eines Europäischen Verteidigungsbündnisses (wenn es denn gegründet würde) beziehe. Im März 2010 beschloss der Bundestag zwar mit breiter Mehrheit, die Bundesregierung solle sich „gegenüber den amerikanischen Verbündeten mit Nachdruck für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland einsetzen“, das habe jedoch keine Bundesregierung seit 2010 getan, obwohl die in Büchel gelagerten Atomwaffen nun sogar modernisiert werden sollen. Europa müsse auf die veränderte Sicherheitslage seit Trump reagieren – aber nicht mit einer „Europäischen Verteidigungsgemeinschaft“, sondern mit einer Revitalisierung der OSZE.
Andreas Zumach appellierte an die etwa fünfzig Zuhörerinnen und Zuhörer, die Frage der atomaren Bewaffnung der Bundesrepublik zu einem Thema des Bundestagswahlkampfes zu machen.
Andreas Zumach, geboren 1954, arbeitet seit 1988 als UNO-Korrespondent mit Sitz in Genf für die Berliner tageszeitung (taz), die Zürcher Wochenzeitung (WOZ), Die Presse in Wien sowie für weitere Zeitungen, Rundfunk- und Fernsehanstalten in Deutschland, der Schweiz, Österreich, Großbritannien und den USA. Mehrere Buchpublikationen. Zuletzt: Die kommenden Kriege
Veranstalter: Initiative für ein Friedensdenkmal in Karlsruhe, Stadtbibliothek, DFG-VK
Presse-Echo:
»Das Buch enthält keine Sonntagsreden zum 70. Geburtstag der UN; es ist vielmehr eine höchst kritische, breit angelegte Analyse der Geschichte und des gegenwärtigen Zustands der Weltorganisation, […] eine scharf formulierte Darstellung eines erfahrenen Journalisten, die zum Streitgespräch herausfordert.«
Klaus Hüfner, Vereinte Nationen, Juli 2015
»Andreas Zumach belegt alle seine Thesen mit schlüssigen Beispielen. Zwar zeigt das Buch vor allem die Defizite der UNO auf, doch der Autor geht davon aus, dass sich die Weltorganisation keineswegs überlebt hat. Er nennt vielmehr diverse Bereiche, wo ihr Eingreifen sinnvoll wäre.«
Eva Karnofsky, SWR 2, 30. Juni 2015
»Andreas Zumachs Buch ist ein einziges Plädoyer für das potenzielle Wirken der UNO und eine luzide Analyse ihrer Erfolge und Schwierigkeiten […]. Wer sowohl nach einem fasslichen Kompendium über die UNO sowie eine durchdringliche Beschäftigung mit ihrem wechselvollem Wirken und ihren künftigen Aussichten sucht, voilà, zugreifen.«
Peter Weishaupt, Friedenszeitung, März 2015