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Der Kniefall von Willy Brandt... Featured

Read 6245 times Zuletzt geändert am Dienstag, 22 September 2015 20:07
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Willy Brandt: "Immer wieder bin ich gefragt worden, was es mit dieser Geste auf sich gehabt habe. Ob sie etwa geplant gewesen sei? Nein,  das war sie nicht. Meine engen Mitarbeiter waren nicht weniger überrascht als jene Reporter und Fotografen, die neben mir  standen, und als jene, die der Szene ferngeblieben waren, weil sie "Neues" nicht erwarteten. […] Ich hatte nichts geplant, aber Schloß Wilanow, wo ich untergebracht war, in dem Gefühl verlassen, die Besonderheit des Gedenkens am Ghetto-Monument  zum Ausdruck bringen zu müssen. Am Abgrund der deutschen Geschichte und unter der Last der Millionen Ermordeten tat ich, was Menschen tun, wenn die Sprache versagt.

Hintergrund

Bereits auf unserer Auftaktveranstaltung haben wir versucht, konkret zu werden - haben mit dem Austausch von Ideen begonnen, wie ein Friedensdenkmal aussehen könnte. Von Anfang an wollten wir möglichst viele Menschen in den Prozess der Ideenfindung mit einbeziehen. Die Vorstellungen kreisten meist um Abstraktionen. Es ging um Formen und Farben und um sinnliche Eindrücke, die das Denkmal hervorrufen soll. Vorgeschlagen wurde fließendes Wasser, um auszudrücken, dass Frieden nichts Statisches ist, sondern permanenter Anstrengung bedarf. Bunt sollte es sein, um die Vielfältigkeit darzustellen, die benötigt wird. Und viele andere Ideen kamen zur Sprache. In Folge machte unter anderem der Künstler Clemens Hegler einen Vorschlag für eine Konkretisierung zu einer Skulptur.

Auch sein Vorschlag stellt wichtige Aspekte einer "friedliebenden" Haltung vor, denen es allerdings noch an Schärfe und Klarheit einer Aufforderung fehlt, die wir demnach noch weiter entwickeln müssen.

Mit dem Vorschlag des "Konzepts Friendesdenkmal Kriegsstr." haben Petra Faulhaber und Bernd Hentschel den Horizont der Denkmalsidee vor allen Dingen räumlich erweitert und deutlich gemacht, dass es bei dem Denkmalsprojekt vor allem darum geht die Diskussion lebendig zu halten und möglichst viele Menschen mit einzubeziehen. Wir brauchen ein Denkmal, mit dem sich vielen Menschen identifizieren können?

Idee

Der Bildhauer Andreas Helmling, der in Karlsruhe bereits das "Ettlinger Tor" realisiert hat (derzeit wegen der Baustelle am Ettlinger Torplatz an die Südtangente, Abfahrt 3 hinter dem Hauptbahnhof ausgelagert) hat nun eine weitere Idee präsentiert, die mit dem Charme des Konkreten sicher nicht Gefahr läuft durch Abstraktionen in Gemeinplätze zu verfallen.

Für ihn, schreibt Helmling, sei der Kniefall Willy Brandts in Warschau eines der bedeutendsten Ereignisse des Friedensthemas, auf das er gerne mit einem Denkmal aufmerksam machen würde (siehe Titelbild).

Während sich Journalisten oft ausschließlich als Enthüller gesellschaftlicher Mißstände sehen und Kriegsdenkmäler meist die Erinnerung an vergangene Schrecken aufrecht erhalten, würde mit der Darstellung des "Kniefalls" eine Erfolgsgeschichte in den Vordergrund gerückt, die Zuversicht weckt. Vielleicht ist aber gerade die Zuversicht, die subversive Kraft die es braucht Frieden zu schaffen.

Geschichte

Mit dem "Moskauer Vertrag" 1970 war der erste Schritt zu einer Erneuerung der Ostpolitik geschafft. In einem zweiten Schritt galt es, die Oder-Neiße-Linie als Westgrenze der Bundesrepublik anzuerkennen und einen entsprechenden Vertrag´ mit Polen abzuschließen. Bundeskanzler Willy Brandt besuchte zur Unterzeichnung des "Warschauer Vertrags" das "Ehrenmal der Helden des Ghettos" in Warschau. Dieses Ehrenmal war zum Gedenken an den Aufstand der Juden im Warschauer Ghetto 1943 errichtet worden. Statt nur davor zu stehen, kniete Brandt spontan nieder und verharrte dort einige Zeit.

Diese überraschende Bekundung von Demut wurde in Deutschland als irrtierend empfunden und stieß auf ein geteiltes Echo: Neben begeisterter Zustimmung gabe es heftigste Ablehnung. Und auch international erfuhr diese ikonische Demutsgeste große Beachtung. Jemand, der selber vor den Nationalsozialisten fliehen musste und damit selbst gerade nicht für die Verbrechen seiner Landsleute verantwortlich war bat um die Vergebung für die deutschen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs.

Die Ernsthaftigkeit mit die sozialliberale Bundesregierung für Versöhnung und Neuanfang eintrat konnte kaum stärker und glaubhafter zum Ausdruck gebracht werden. Dies ebnete den Weg für die weitere Ostpolitik Willy Brandts, für die er dann 1971 den Friedensnobelpreis erhielt.

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